In der Adventszeit und am heiligen Abend ist Singen angesagt. Kinder lernen Weihnachts- und Winterlieder im Kindergarten und in der Schule. Diese Zeit ist bunt mit Bühnenauftritten, Chorkonzerten und Weihnachtsaufführungen bestückt. Das Singen ist nicht nur schön, es ist auch eine wunderbare Hilfe bei der Sprachentwicklung und Spracheinführung.
Die Lieder helfen nicht nur das Gedächtnis zu trainieren, sondern sie steigern auch die Aufmerksamkeit, bereichern den mündlichen Ausdruck und verleiten zum tiefen Atmen. Singen ist ein leistungsfähiges und schönes musikdidaktisches Werkzeug. Kindern erfahren Rhythmus und Melodie der Sprache durch Singen. Wir nehmen hier dieses uralte didaktische Mittel unter die sprachtherapeutische Lupe.
Musik und Gesang fördern die auditorische Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, die für das Verstehen der Sprache wesentlich sind. Mit jedem Versuch, den Rhythmus eines Liedes zu folgen oder ihn auch selbst zu schlagen, lernt das Kind die Worte eines Musikstücks in entsprechendem Tempo auszusprechen. Die Fähigkeit, das rhythmische Muster eines Liedes zu erkennen, ist kritisch für die rhythmische und intonatorische Organisation der kindlichen Sprache. Deshalb ist es ratsam, mit einfachen Liedern zu beginnen, die nur einige Zeilen und eine einfache, aber eindeutige und flotte Melodie enthalten. Je jünger das Kind, desto kürzer sollte das Lied sein.
Beim Singen wiederholen Kinder die Texte mehrfach. Tanzen um den Weihnachtsbaum und Singen begleitet von Fuß-Aufstampfen, Stanz- und Händeklatschen sind unterhaltsame Aktivitäten für Kinder. Sie werden dabei motiviert, die Wörter und Sätze zu wiederholen. Zugleich lernen sie aktiv neue Worte, in dem sie diese im Kontext des Liedes verstehen und aktiv gebrauchen. Das Lernen in Zusammenhängen fällt allen Kindern leichter.
Neue Worte auswendig lernen trainiert Gedächtnis und erhöht die sprachliche Kapazität, die für das weitere Lernen von Bedeutung ist. Davon abgesehen, sollte die Menge an Texten schrittweise mit der Sprachkompetenz eines Kindes wachsen. Dies erklärt auch, warum Reime und Verse für Kinder meist erst aus einfachen repetitiven einsilbigen Worten bestehen. Zur gleichen Zeit kommen die gelernten Phrasen in der täglicher Kommunikation zur Anwendung; Sprachmuster werden in eigenem Sprachgebrauch ausprobiert. In dieser Hinsicht sind Lieder mit Dialogen, d.h. Fragen und Antworten, besonders gut geeignet.
Singen kann artikulatorische Fähigkeiten festigen, da es eine klare Artikulation von Lauten und Worten voraussetzt. Kinder müssen daher zusätzliche Anstrengungen unternehmen, die Laute auszusprechen und jedes Wort deutlich zu singen. Reime in einem Lied machen es für Kinder noch interessanter. Die Fähigkeit, Reime in einem Lied zu erkennen, kann Kinder bei der Überwindung ihrer Sprachschwierigkeiten unterstützen. Reime sind auch in der mündlichen Rede gewöhnlich und werden beim Erwerb von Lesefähigkeiten genutzt. Es hilft Kindern, die rhythmische Organisation der Sprache zu erfassen, weil sie unbewusst getrennte Silben reimen. Kinder können sehen, welche Wörter und Silben sich reimen und betonen oder intonieren sie stärker.
Lernen von neuen Liedern hilft wiederum das aktive Vokabular zu erhöhen. Ein Kind kann so neue Wörter lernen, wenn es zu Hause oder in der Schule singt. Dies geschieht von selbst oder während des Unterrichts im Chor.
Stimmmodulation und Volumenänderung können die bereits von Kindern benutzten Intonationsmuster bereichern und neue Ausdrucksweisen in ihre mündliche Sprache einfügen. Außerdem trainieren Lieder visuelles Denken, das für einen kreativen Umgang mit der Sprache bedeutend ist.
Wissenschaftler behaupten, dass verschiedene Arten von Sprach-Pathologie oft mit Dyspraxie verknüpft sind. Das bedeutet, dass einige Kinder Schwierigkeiten haben, Bewegungsabläufe wie gerade Körperhaltung und Gesten beim Sprechen aufrecht zu erhalten.
Lieder mit Gesten und Bewegungen sind ein wirksames therapeutisches Medium in solchen Fällen. Lieder, einschließlich der folgenden Funktionen, erleichtern die Koordination und helfen Dyspraxie zu überwinden:
Singen stimuliert eine tiefere Atmung. Während ein Lied gelernt wird, üben Kinder die Zwerchfellatmung. Sie nehmen einen tiefen Atemzug und verwenden die Luft sparsam, so dass es für die ganze Sing-Phase ausreicht. Singen ist besonders effizient bei der Behandlung von Stotterern, da es dem Kindes hilft, ziehend zu sprechen und ohne Gedanken daran, ohne Behinderung zu sprechen. Aus diesem Grund wird Gesang in vielen Sprachtherapie-Methoden gegen Stottern integriert.
Psychologen weisen auf die psychotherapeutischen Vorteile des Singens hin: Ängste abbauen, Entspannung erzeugen und Konzentrationsfähigkeit steigern. Hinzu kommt, dass Chorgesang zu den Kommunikationsfähigkeiten der Kinder beitragen, weil sie lernen, Ideen auszutauschen, Kompromisse zu finden und im Team zu arbeiten. Es sollte beachtet werden, dass ein Kind mit Sprachstörung einen Text im Bewegungsablauf nicht verstehen kann bzw. alles umgekehrt versteht. Solche Kinder brauchen zusätzliche Unterstützung, visuelle Hinweise oder sie müssen den Text öfters wiederholt haben.
Am Heiligabend sind die beliebteste Option Volkslieder und Lieder als Teil einer szenischen Aufführung. Ermutigen Sie Ihre Kinder sich am Gesang und Aufführung zu beteiligen. Es wird ihnen helfen, Barrieren in der Kommunikation zu überwinden. Im Alltag können Schlaflieder und Kinderreime, Lieder mit Tanz oder Bewegungsabläufen kombiniert werden. Lieder mit Erzählungen, lustige Liedern und emotional geladene Songs sind besonders fördernd.
Begleiten Sie Ihre Kinder beim Singen, nicht nur an Feiertagen, und denken Sie nicht über Ihre Gesang-Fähigkeiten nach! Vielmehr denken Sie daran, dass die Qualität der Leistungen an dem Glauben an eigene Fähigkeiten hängt!
Frohe Weihnachten und frohes Singen!